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Sonntag, 27. November 2016 - 20:00

Das Autonome Kulturzentrum Würzburg, kurz: akw!

Nachbetrachtungen über das gescheiterte Projekt, eine kulturpolitische Alternative in Würzburg zu entwickeln und zu erhalten.

Vor sieben Jahren musste das Autonome Kulturzentrum Würzburg in der Frankfurter Straße schließen. Das ist nicht ohne Folgen geblieben für die Art, wie in linken Kreisen in Würzburg diskutiert und gelebt wird. Keine Institution ist seither aufgetreten, die als Ersatz für das akw! hätte dienen können.
Die jüngeren wissen kaum noch etwas von den damaligen Vorgängen; die älteren, damals Beteiligten, sind meistens fortgezogen oder haben sich zurückgezogen; die Schließung des akw! ist von Gerüchten und Legenden umrankt. Erfahrungen, die reflektiert werden müssten, geraten in Vergessenheit; Erfahrungen, deren kritische Nachbetrachtung denen hilfreich und von Nutzen sein kann, die ähnliches wieder versuchen, aufzubauen.

Das akw! war ein Versuch, aus einer selbstverwalteten und im Prinzip offenen Struktur heraus, ein (im weitesten Sinne) Kulturprojekt jenseits des Kulturmarktes und der städtischen Kulturpolitik zu entwickeln. Dazu gehören ökonomische Tragfähigkeit und Selbstständigkeit ebenso, wie künstlerische und politische Unabhängigkeit. Läden wie das akw! hat es in den meisten größeren Städten gegeben und gibt es noch mancherorts. Sie bilden Orte des Zusammentreffens für solche, die sonst isoliert wären, und Netze für künstlerisch und politisch Tätige, deren Werke und Interventionen von Markt und Öffentlichkeit nicht widerstandslos geschluckt und verdaut werden können. Solche Orte sind im besten Falle eigensinnig gestaltet. Ihre Existenz garantiert nichts Gutes und Produktives, aber es ermöglicht beides. Und selbst die Kritik an Dingen, die dort falsch laufen, kann an solchen Orten, wenn es richtig läuft, formuliert werden und Veränderungen anstoßen.

Solche Kritik gab es im akw! immer und sie war so nötig, wie vielfältig. Die Leute, die dem Laden nahestanden, erkannte man meistens daran, dass sie am meisten an ihm auszusetzen hatten. Der Prozess, in dem die verschiedenen Tendenzen und Fraktionen aufeinandertrafen und in dem man sich inhaltlich auseinandersetzte, war der Prozess, der den Laden antrieb. Die ständige und gründliche Auseinandersetzung, so anstrengend sie auch oft gewesen sein mag, machte unter anderem den besonderen Reiz des akw! aus.

Ob die Enttäuschung und die Verbitterung, die dieser Prozess bei einigen produziert hat, hätten vermieden werden können, ist nicht ohne weiteres zu sagen. Nach der finalen Niederlage derer, die am Prinzip von Selbstverwaltung, eigenverantwortlichem Arbeiten und ideologiekritischer "Strukturlosigkeit"1 festhielten, hatte jede Aussprache ihren Gegenstand verloren. Enttäuschung und Misstrauen konnten von denen in Dienst genommen werden, denen das Ende des akw! nicht ungelegen kam. Daraus speisen sich die Gerüchte und Legenden, deren Wirkung im schlimmsten Fall diejenige ist, dass niemand wieder etwas vergleichbares versucht.

Bettina Fellmann hat Stimmen von ehemals Beteiligten, Mitgliedern des Trägervereins und Mitarbeitern, gesammelt. Jörg Finkenberger trägt Analysen zum Untergang des akw! vor. Bei dieser einen Veranstaltung wird es voraussichtlich nicht bleiben. Wie in einem akw!-Infoheft im März 2003 steht: "Nicht in unseren Niederlagen gehen wir unter, sondern in den Kämpfen, die wir nicht führen."